Prof. Jigoro Kano Shihan
1860 - 1938
Am 28. Oktober 1860 wurde, als dritter Sohn von Kano Jirosaku Mareshiba, Jigoro Kano in Mikage (in der Nähe von Kobe) in der Provinz Hyogo geboren.
Mit seiner Familie zog er 1871 nach Tokyo. Es war eine Zeit, da Japan einer ganzen Serie politischer und kultureller Veränderungen unterworfen war. In diesen Jahren wurde sogar den Samurai das Tragen von Schwertern verboten. Dies bedeutete auch den Niedergang der Kriegskünste, sodaß sich viele Ju-Jitsu Meister neue Betätigungen suchen mußten.
Bis zu seinem 18. Lebensjahr war Kano von schwächlicher Gestalt. Er wurde oft von stärkeren Kameraden eingeschüchtert und geschlagen. In der Folge entschloß er sich, wie auch immer, alles zu unternehmen, um stark und kräftig zu werden. Er beschloß Ju-Jitsu zu erlernen, was in dieser Zeit nicht leicht war. Er traf sich mit verschiedenen Meistern und begann dann an zwei Schulen zu trainieren. Die Schulen unterschieden sich in der Art, dass der eine Meister berühmt war für Atemi und Katame-Waza(Bodentechniken), der andere für Nage-waza(Wurftechniken). Da er unermüdlich trainierte gelang es ihm in die Geheimnisse beider Schulen einzudringen.
Er erlernte dabei auch Techniken anderer Schulen, suchte weitere Lehrer auf und studierte das "DENSHO", die geheimen schriftlichen Aufzeichnungen über die Kriegskünste. Durch die Vereinigung der Vorzüge verschiedener Schulen schuf er ein eigenes System. Dieses sollte sowohl dem körperlichen und geistigen Training dienen, aber auch für Wttkämpfe geeignet sein. Meister (Shihan) Kano nannte dieses System "KODOKAN-JUDO".
Zitat Kano:"Was ich lehre, ist nicht nur Jitsu - Kunst oder Technik. Natürlich lehre ich Ju-Jitsu, aber es ist "DO", der Weg oder Prinzip, worauf ich besonderen Wert lege." Deshalb übernahm er den Begriff "JU-DO" von einer Schule die ihn gebrauchte und nannte sein System um es zu unterscheiden "KODOKAN-JUDO", Judo welches im Kodokan, seiner Schule, gelehrt wird.
1882 bezieht er im Alter von 22 Jahren sein erstes eigenes Dojo, das Kodokan. Zur selben Zeit wurde er auch Dozent an einr Schule für adlige in Tokyo. In den folgenden turbulenten Jahren wurden seine Schüler oft von Schülern anderer Schulen zum Kampf gefordert. Jedesmal konnten seine Schüler die Überlegenheit des Kano-systems beweisen.
1909 wird Jigoro Kano, dank der wachsenden Popularität seines Judo, Mitglied des Olympischen Komités. Durch die große Nachfrage ist Kano gezwungen mit seienm Kodokan insgesamt 17 mal umzuziehen. Im Dezember 1919 konnte dann ein großes Dojo mit 514 Tatami bezogen werden. 1930 fanden dann die ersten Alljapanischen Meisteschaften im Judo statt.
Shihan Kano starb am 4. Mai 1938 an einer Lungenentzündung an Bord eines japanischen Schiffes auf dem Rückweg von Kairo wo er an einer Konferenz des IOC teilgenommen hatte. Jigoro Kano machte immer wieder auf den ausgeprägten moralischen und erzieherischen Wert seiner Kunst aufmerksam. So formulierte er auch seine Gedanken zu folgenden Leitmotiven im Judo "Sei Ryoku Zen 'Yo" und "Jita Kyoei";
"Wende deine Energie zum Guten" und "Wohlergehen für alle".
Eines ist jedem klar: Judo gehört zur Gruppe der asiatischen Kampfsportarten und stammt aus Japan. Aber was ist denn nun Judo eigentlich genau?
Dieser Text soll denen, die mit diesem Sport (noch) gar nichts am Hut haben einen ersten Einblick in diese Materie geben. Es sind darin aber auch einige Gedanken zum Judo niedergeschrieben, die für diejenigen, die bereits Judo machen, evtl. lesenswert sind. Der Text hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll nur ein erstes Bild für die Unerfahrenen zeichnen und bei den Erfahreneren ein wenig zum Nachdenken anregen. Für Fragen, Anregungen und konstruktives Feedback sind wir jederzeit offen!
Ursprünglich wurde Judo von Dr. Jigoro Kano entwickelt und im Jahre 1882 offiziell vorgestellt. Es sollte dazu dienen, die körperliche Fitness aufzubauen, nachdem ein deutscher Arzt namens Erwin Bälz den mangelnden Gesundheitszustand seiner Studenten an der kaiserlichen Universität Tokio auf die mangelnde sportliche Betätigung zurückführte und diese zum Erlernen der Kampfkünste ermutigte.Kano nahm diese Idee begeistert auf. Er erlernte die alte Kunst des Jiu-Jitsu und entwickelte eine eigene Kampfsportart daraus, indem er die gefährlichen und meist auf den Kriegsfall ausgelegten Techniken herausnahm und erzieherische Elemente – wenn man so will, eine eigene Philosophie – hinzufügte. Judo ist also mehr als nur ein Sport.
Zuerst einmal bedeutet Judo, wenn man es direkt übersetzt bzw. die Kanjis (s. links!) einzeln liest, „Der sanfte Weg“. Anhand der Kanjis erläutert, ist das obere Symbol „JUU“=sanft und das untere „DOU“=Weg. Man sollte dies als zentrale Aussage für das Judo vor Augen haben, wenn man sich mit diesem Sport befasst. Der sanfte Weg ist so zu verstehen, dass diese Kampfsportart die Kunst vermitteln soll, einen Gegner im Kampf zu schlagen, ohne dabei treten, schlagen oder sogar Waffengewalt einsetzen zu müssen, also ihn absichtlich zu verletzen. Was die Anwendung von Judo außerhalb der Matte betrifft, so liegt es schon im Wesen des Judo, dass es grundsätzlich nur als Mittel zur Abwehr von Aggressionen gedacht ist, nicht, um selbst aggressiv zu sein. Dieses Leitbild sollte jedem neuen Judoka deutlich gemacht und eingeimpft werden.
Betrachtet man dies nun in der Praxis, so ergeben sich eine Fülle von (Wurf-)Techniken, mit denen der Gegner zu Boden gebracht wird, v.a. indem sein Schwerpunkt unterwandert und sein Gleichgewicht gebrochen wird. Auch im Bodenkampf wird dieses Konzept des sanften Weges konsequent weitergeführt. Der Gegner wird hier genauso mit Hilfe einer Reihe von Techniken zur Aufgabe gebracht, z.B. durch das kontrollierte Festhalten im Boden, das Abwürgen oder das Hebeln des Armes am Ellenbogen. Natürlich gibt es auch im Stand bereits Techniken, die den Gegner zur Aufgabe zwingen – v.a. Hebel und Würger. Nun könnte man natürlich sagen: „Wenn ich jemanden im Stand zur Aufgabe zwingen kann, warum ihn dann noch zu Boden bringen?“ Im ersten Moment möchte man da sogar Recht geben. Jedoch ist es einerseits gar nicht so leicht, eine dieser Techniken im Stand anzuwenden und andererseits kann man jemanden am Boden wesentlich besser unter Kontrolle halten, als im Stand – auf welche Weise auch immer.
Ebenso hilft eine andere Interpretation des „sanften Weges“, ein gewisses Verständnis für das Judo zu erlangen: „Kraft durch Nachgeben!“ Dies bedeutet letztendlich nichts anderes, als dem Gegner anstatt konsequent Widerstand zu leisten, seinem Druck – seiner Kraft nachzugeben und aus der so frei werdenden Energie, einen Vorteil zu ziehen. Hat man beispielsweise einen Gegner vor sich, der permanent gegen einen schiebt und versucht, einen in die Ecke zu drängen, so kann man hier durch das Nachgeben, indem man auf die Seite ausweicht, den Gegner dazu bringen, nach vorne überzukippen und ihn so – für ihn unerwartet – zu werfen.Im Judo ist also nicht nur reine Kraft ausschlaggebend, sondern auch und vor allem die geistige Fähigkeit, die eigenen und auch die Kräfte des Gegners richtig einzusetzen und im richtigen Moment in die richtige Richtung zu lenken. Der Einsatz reiner Kraft ist wenig erfolgversprechend, aber auch der Einsatz bloßer Technik kann nicht immer funktionieren. Beides – Kraft und Technik – müssen zusammenspielen!
Wie gesagt, gibt es im Judo der Techniken viele, um nicht zu sagen eine Unmenge! Um dieser Menge Herr zu werden, werden dem Schüler Schritt für Schritt immer neue Techniken beigebracht. Hat er die neuen Techniken erlernt und sie in einer Prüfung einwandfrei vorzeigen können, so steigt er auf und erhält einen höheren Gürtel. Die Graduierung in Gürtel ist typisch für die asiatischen Kampfsportarten. Mit ihnen wird gezeigt, wie weit der Schüler bereits in die Komplexität der verschiedenen Techniken vorgedrungen ist. Man sollte diese Graduierung jedoch nicht als Maß für die Stärke eines Gegners nehmen. Auch niedriger graduierte Judoka können sehr starke Gegner sein!
Zum Schluss noch ein kleiner Denkanstoss: Wie die meisten der asiatischen Kampfkünste, so kann auch das Judo mehr als nur ein Sport sein und dies ist das besondere daran. Judo kann eine Einstellung sein, ja sogar eine Lebenshaltung. Man muss dies nur einmal so betrachten und dies dann auch wollen. Eine Lebenshaltung, die von Disziplin, Aggressionslosigkeit, Respekt gegenüber dem Anderen und Selbstvertrauen geprägt ist und so zu dem, was man im Allgemeinen als innere Ausgeglichenheit bezeichnet, führen kann.
Dass Judo mehr als nur ein Sport ist, lässt sich allein schon an den zeremoniellen Elementen erkennen, die der Gründer eingefügt hat. Gerade das Alltägliche, nämlich das Abgrüßen vor und nach dem Training, zeigt das Wichtigste, was das Judo ausmacht. Mit dem Abknien und der Ruhe, wenn der Trainer „Mokuso“ ansagt, kehrt der Judoka in sich und sammelt sich für das Training bzw. nach dem Training. Bei der Ansage „Rei“ verbeugen sich alle, sowohl Schüler, als auch Trainer. Damit bezeugen beide – Schüler und Trainer – den gegenseitigen Respekt voreinander.
Judo – „Der sanfte Weg“ als Lebensweg, wenn man so will.
( Texte von Matthias Schwenk )